Baden und Beten am Pond

REGION/LAND: Varkala, Kerala, Südindien, Indien
Und wieder sitzen wir am »temple pond« in Varkala, wie jeden Tag in dieser Woche


Dem Himmel so nah - der Teich in Varkala, Foto: Uta Krogmann
Dem Himmel so nah - der Teich in Varkala, Foto: Uta Krogmann

Dusche für´s Wohlbefinden und Quelle des Glaubens Foto: Uta Krogmann
Dusche für´s Wohlbefinden und Quelle des Glaubens Foto: Uta Krogmann
Göttlicher Sonnenuntergang Foto: Olaf Krüger
Göttlicher Sonnenuntergang Foto: Olaf Krüger
Ornamemte als Lebensbegleiter. Foto: Uta Krogmann
Ornamemte als Lebensbegleiter. Foto: Uta Krogmann
Life is a beach. Foto: Uta Krogman
Life is a beach. Foto: Uta Krogmann

von Uta Krogmann und Alfred Haag


Palmen sträuben ihr Gefieder gegen den Morgenhimmel, noch ist die Sonne sanft und lässt die Wasseroberfläche schillern. Hier haben wir die beste Übersicht, getarnt unter dem tief gezogenen Dach der Restaurantterrasse, unter dem man uns nachsichtig bedient (diese Touristen, was die wohl finden an diesem Hinterhof, wo man dem Koch zusehen kann und der mageren, weit verzweigten Katzenfamilie, die hier lebt). Vor uns liegt der quadratische Teich, ein heiliges und profanes Gewässer, wo sich alles Wesentliche – das Leben – abspielt.

 

Wir kommen früh hierher und nehmen zielstrebig diesen Logenplatz ein, man hat sich an uns gewöhnt und wir uns an den heißen Milchkaffee. Vor dem Hotel (wie Restaurants in Kerala von den Einheimischen genannt werden - übernachten kann man hier nicht) haben fromme Frühaufsteher schon ein Blumenarrangement gelegt. Denn in wenigen Tagen beginnt DAS Jubelfest Keralas, Onam. Zehn Tage davor werden täglich aus Blütenblättern Ornamente gelegt, bunte Vorfreude.

 

Am anderen Ufer verrichtet ein heiliger Mann in großer Ruhe seine »puja« um dann gleich anschließend seine wenigen Kleidungsstücke gründlich zu waschen. Gruppen von Enten kippen in disziplinierter Formation unter die Wasseroberfläche und tauchen fast gleichzeitig (wie verabreden die sich?) wieder auf.
Die ersten Pilger zum Janardana Swami Tempel steigen die Stufen zum Wasser hinab.
Auf den Treppen zum Tempel kann man gegen eine Gebühr den Göttern den Besuch mit Schall und Rauch ankündigen lassen, hinter der Bude werden Böller mit dem Hammer zur Explosion gebracht; alle außer den Göttern kriegen dann einen Schreck.
Der Kiosk nebenan bietet Rosenwasser, Räucherwaren, Bananen, Handtücher und sonst alle erdenkliche Pujawaren an; auch kleine Plastikpüppchen die dann an einen Baum im Tempel gehängt werden um reichen Kindersegen zu erbitten.

 

Am Becken unter dem Strahl des Wasserspeiers aalt sich ein Mann eingehüllt in Seifen- und Shampooschaum. Das Wasser ist heilig, aber er hat den Heimvorteil und kann jeden Tag herkommen, um zu baden. Nicht so die Tempelpilger, die eigens eine Reise zu diesem heiligen Platz unternommen haben, auch sie erheben Anspruch auf eine Ration des kostbaren Wassers für den Hausaltar. Diesem höheren Ansinnen muss der Badende kurzfristig weichen: Er tritt einen Schritt von seiner Dusche zurück, und die Pilger halten ihre Transportgefäße (Plastikflaschen!) unter den steinernen Speier. Dann darf er sein Bad fortsetzen.
Allmählich lässt der Pilgerstrom nach, es wird heiß, der Tempel schließt zur Mittagsruhe, der Pond liegt verlassen, selbst die Enten haben sich verzogen - und auch wir halten Siesta.

 

Sobald die Dämmerung den Tag von der Hitze erlöst, nehmen auch wir wieder unsere Plätze am Pond ein, um zu Abend zu essen und die Blicke schweifen zu lassen auf die zu Silhouetten gewordenen Palmen vor dem ruhigen Wasser. Bis sich die männliche Dorfjugend zu einem Wasserballspiel am Pond versammelt und Aufruhr verursacht. Sie schleudern sich eine halbgefüllte Plastikflasche zu, schreien lachend um die Wette und planschen wie Hunde durch das Becken. Die Jungs haben einen Riesenspaß und die Vogelwelt ergreift empört über die Ruhestörung die Flucht nach oben.

 

In respektvollem Abstand findet eine Schwimmstunde statt: Unter der Aufsicht seines Vaters wagt sich ein kleiner Junge konzentriert ins Wasser – mit Recycling-Schwimmflügeln: Ein Bündel der allgegenwärtigen Plastikflaschen, die leer und zugeschraubt um seine Brust befestigt sind, erleichtern ihm seine Übungen.
Inzwischen ist es dunkel geworden, im Restaurant werden die großen Töpfe gewaschen, das Wasser beruhigt sich nach dem Abzug der Ballspieler und spiegelt Mond und Straßenbeleuchtung. Vom heiligen Hügel klingen eigenwillige Klänge, Getrommel und ein schwer zu identifizierendes Blasinstrument lösen sich ab in schrägen Rhythmen und Tönen. Kinder spielen im Sand, ziehen an Schnüren kleine Objekte hinter sich her, um Spuren zu hinterlassen und wieder zu verwischen. An den Tempelwänden leuchten Hunderte von Öllämpchen, bis sie von alleine verlöschen.

 

Tipps / Information
Beste Reisezeit in Kerala ist von November bis März, das Klima ist
tropisch und die Luftfeuchtigkeit hoch. Der Monsun fängt Anfang Juni an
und dauert bis Oktober. Das erwähnte Erntedankfest Onam findet im August
/ September statt und wird groß gefeiert, traditionell schenken sich die
Familien neue Kleidung, weshalb vor Onam überall in Kerala große
Stoff-Outlets aufgebaut werden, die mit tollen Angeboten werben.
Varkala ist eine Stadt mit 42.000 Einwohnern (2001) und liegt etwa 50 km
nördlich von Thiruvanantapuram, der Hauptstadt Kerals. Der
Janardana-Swami Tempel stammt aus dem 13. Jahrhundert und ist dem Gott
Vishnu geweiht, er ist ein bedeutender Pilgerort für Hindus.

 

Internetseite der Autoren
www.mosaic-of-india.de



 

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